03 Unsere Arbeit Hallo Abdul Qayum, Du arbeitest seit 7 Jahren als Betreuer in der Clearing-Wohngruppe in Zornheim. Was ist für Dich in der Arbeit mit jun- gen Geflüchteten von besonderer Bedeutung? Die Beziehungsarbeit bedeutet mir viel. Es hängt erst- mal am Kontakt wir müssen viel in Kontakt mit den Jugendlichen gehen und das Vertrauen der Jugend- lichen gewinnen. Das ist wichtig, weil es unser Ziel ist, als Gruppe, Team und Einrichtung, die Bedarfe der Jugendlichen zu identifizieren. Was sie brauchen und in welcher Situation sie sich befinden. Dabei ist die Art und Weise der Sprache sehr wichtig und die Beachtung von Nähe und Distanz. 16 Du selbst sprichst Dari, Paschtu, Urdu, Hindi, Englisch und Russisch. Welche Sprachen werden denn noch im Team gesprochen? Also bei uns im Team wird Deutsch gesprochen und noch viele andere Sprachen: Polnisch, Türkisch, Somali, Arabisch… Die Jugendlichen, mit denen Du arbeitest, brin- gen sicherlich viele schwierige Erfahrungen mit. Wie baust Du Beziehungen zu ihnen auf? Was hilft Dir dabei? Der Schlüssel ist Verständnis und viel Geduld. Als Bei- spiel: was der Kopf sagt, das ist rational richtig – zwei plus zwei ist immer vier, da kannst du nicht fünf draus machen. Aber unsere Jugendlichen, von denen manche sehr emotional denken, haben manchmal die Idee, vier plus vier ist 8,5. Das ist so emotional, wenn man sieht, in welcher Situation sie aufgewachsen sind. Und da versuche ich, diese 8,5 nicht ganz abzulehnen. Und so einen Zwischenweg zu finden. Wenn ich das von vorn- herein ablehne, dann stehe ich vor einer Wand und wir finden keinen Zugang zueinander. Ja, ich möchte irgendwie herankommen, an diesen Menschen. Und dann mit der Zeit, also wenn sie eine Weile bei uns sind, dann kann ich das nach und nach vermitteln: vier plus vier ist acht, und keine 8,5. Wie sieht das in deinem Arbeitsalltag in der Wohngruppe aus? Also, zum Beispiel: Wenn ein Jugendlicher gerade in Deutschland angekommen ist, werde ich ihm zunächst die Möglichkeit geben, mit dem Löffel zu essen, nicht direkt mit Messer und Gabel. In vielen Ländern wird beispielsweise mit den Händen gegessen. Dann schaue ich zunächst welcher Mensch ist hier? Woher kommt er? Wie S. aus Afghanistan, als er hier angekommen ist, haben wir nicht von ihm verlangt, dass seine Tischma- nieren am ersten Tag perfekt sind. Wir machen es ihm ein bisschen leichter und geben ihm zunächst einen Löffel. Damit er es erstmal mit dem Löffel lernt. Zwei bis drei Wochen später kann ich ihm dann Messer und Gabel geben. Ja, das ist auch ein Teil unserer Arbeit hier, dass wir Tischmanieren weitergeben. Das ist aber nicht auf einmal umzusetzen. Das ist schwierig, da müssen wir die Jugendlichen verstehen, ihnen Zeit ge- ben und Verständnis zeigen. Das alles gehört dazu, das Vertrauen von diesen Jugendlichen zu gewinnen und so gemeinsam an Veränderungen zu arbeiten. Wirkungsbericht Malteser Jugendhilfe Rheinland-Pfalz